Inhaltsverzeichnis: Einkommensteuerrichtlinien

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R 4.2 Betriebsvermögen


Allgemeines


  1. 1Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Stpfl. genutzt werden oder dazu be- stimmt sind, sind notwendiges Betriebsvermögen. 2Eigenbetrieblich genutzte Wirtschaftsgüter sind auch dann notwendiges Betriebsvermögen, wenn sie nicht in der Buchführung und in den Bilanzen ausgewiesen sind. 3Wirtschaftsgüter, die in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind, können - bei Ge- winnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (>R 4.1) oder durch Einnahmenüberschussrechnung (>R 4.5) - als gewill-

    kürtes Betriebsvermögen behandelt werden. 4Wirtschaftsgüter, die nicht Grundstücke oder Grundstücksteile sind und die zu mehr als 50 % eigenbetrieblich genutzt werden, sind in vollem Umfang notwendiges Betriebsvermögen. 5Werden sie zu mehr als 90 % privat genutzt, gehören sie in vollem Umfang zum notwendigen Privatvermögen. 6Bei einer betrieblichen Nutzung von mindestens 10 % bis zu 50 % ist eine Zuordnung dieser Wirtschaftsgüter zum gewillkürten Betriebsvermögen in vollem

    Umfang möglich. 7Wird ein Wirtschaftsgut in mehreren Betrieben des Stpfl. genutzt, ist die gesamte eigenbetriebliche Nut- zung maßgebend.


    Betriebsvermögen bei Personengesellschaften


  2. 1Das Betriebsvermögen i. S. d. Absatzes 1 umfasst bei einer Personengesellschaft sowohl die Wirtschaftsgüter, die zum Ge- samthandsvermögen der Mitunternehmer gehören, als auch diejenigen Wirtschaftsgüter, die einem, mehreren oder allen Mit-

    unternehmern gehören (Sonderbetriebsvermögen). 2Wirtschaftsgüter, die einem, mehreren oder allen Mitunternehmern gehö- ren und die nicht Gesamthandsvermögen der Mitunternehmer der Personengesellschaft sind, gehören zum notwendigen Betrie- bsvermögen, wenn sie entweder unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft dienen (Sonderbetriebsvermögen I) oder un- mittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft eingesetzt werden

    sollen (Sonderbetriebsvermögen II). 3Solche Wirtschaftsgüter können zum gewillkürten Betriebsvermögen gehören, wenn sie objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, den Betrieb der Gesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder die Beteili-

    gung des Gesellschafters (Sonderbetriebsvermögen II) zu fördern. 4Auch ein einzelner Gesellschafter kann gewillkürtes Sonder- betriebsvermögen bilden.


    Gebäudeteile, die selbständige Wirtschaftsgüter sind


  3. 1Gebäudeteile, die nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude stehen, sind selbständige Wirtschaftsgüter. 2Ein Gebäudeteil ist selbständig, wenn er besonderen Zwecken dient, mithin in einem von der eigentlichen Gebäudenutzung verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhang steht. 3Selbständige Gebäudeteile in diesem Sinne sind:


    Betriebsvorrichtungen (>R 7.1 Abs. 3);

    1.


    Scheinbestandteile (>R 7.1 Abs. 4);

    2.


    Ladeneinbauten, >Schaufensteranlagen, Gaststätteneinbauten, Schalterhallen von Kreditinstituten sowie ähnliche Ein-

    3. bauten, die einem schnellen Wandel des modischen Geschmacks unterliegen; als Herstellungskosten dieser Einbauten kommen nur Aufwendungen für Gebäudeteile in Betracht, die statisch für das gesamte Gebäude unwesentlich sind, z. B. Aufwendungen für Trennwände, Fassaden, Passagen sowie für die Beseitigung und Neuerrichtung von nichttragenden Wänden und Decken;


    sonstige >Mietereinbauten 4.


    sonstige selbständige Gebäudeteile (>Absatz 4). 5.


    4Dachintegrierte Fotovoltaikanlagen (z. B. in Form von Solardachsteinen) sind wie selbständige bewegliche Wirtschaftsgüter zu behandeln.


    Unterschiedliche Nutzungen und Funktionen eines Gebäudes


  4. 1Wird ein Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu eigenen und teils zu fremden Wohnzwecken ge- nutzt, ist jeder der vier unterschiedlich genutzten Gebäudeteile ein besonderes Wirtschaftsgut, weil das Gebäude in verschiede-

    nen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen steht. 2Wohnräume, die wegen Vermietung an Arbeitnehmer des Stpfl. not- wendiges Betriebsvermögen sind, gehören zu dem eigenbetrieblich genutzten Gebäudeteil. 3Die Vermietung zu hoheitlichen, zu gemeinnützigen oder zu Zwecken eines Berufsverbands gilt als fremdbetriebliche Nutzung. 4Wird ein Gebäude oder Gebäu- deteil fremdbetrieblich genutzt, handelt es sich auch dann um ein einheitliches Wirtschaftsgut, wenn es verschiedenen Perso-

    nen zu unterschiedlichen betrieblichen Nutzungen überlassen wird. 5Eine Altenteilerwohnung ist im Falle der Entnahme nach

    § 13 Abs. 4 EStG stets als besonderes Wirtschaftsgut anzusehen.


    Abgrenzung der selbständigen von den unselbständigen Gebäudeteilen


  5. 1Ein Gebäudeteil ist unselbständig, wenn er der eigentlichen Nutzung als Gebäude dient. 2>Unselbständige Gebäudeteile sind auch räumlich vom Gebäude getrennt errichtete Baulichkeiten, die in einem so engen Nutzungs- und Funktionszusam- menhang mit dem Gebäude stehen, dass es ohne diese Baulichkeiten als unvollständig erscheint.


    Aufteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei Gebäudeteilen


  6. 1Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des gesamten Gebäudes sind auf die einzelnen Gebäudeteile aufzuteilen. 2Für die Aufteilung ist das Verhältnis der Nutzfläche eines Gebäudeteiles zur Nutzfläche des ganzen Gebäudes maßgebend, es sei

    denn, die Aufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen führt zu einem unangemessenen Ergebnis. 3Von einer solchen Auf- teilung kann aus Vereinfachungsgründen abgesehen werden, wenn sie aus steuerlichen Gründen nicht erforderlich ist. 4Die Nutzfläche ist in sinngemäßer Anwendung der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche (Wohnflächenverordnung - WoFlV) vom 25.11.2003 (BGBl. I S. 2346) in der jeweils geltenden Fassung zu ermitteln.


    Grundstücke und Grundstücksteile als notwendiges Betriebsvermögen


  7. 1Grundstücke und Grundstücksteile, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Stpfl. genutzt werden, gehören regelmäßig zum notwendigen Betriebsvermögen. 2Wird ein Teil eines Gebäudes eigenbetrieblich genutzt, ge- hört der zum Gebäude gehörende Grund und Boden anteilig zum notwendigen Betriebsvermögen; in welchem Umfang der Grund und Boden anteilig zum Betriebsvermögen gehört, ist unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles zu er- mitteln.


    Grundstücksteile von untergeordnetem Wert


  8. 1Eigenbetrieblich genutzte Grundstücksteile brauchen nicht als Betriebsvermögen behandelt zu werden, wenn ihr Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 Euro beträgt (§ 8 EStDV).

    2Dabei ist auf den Wert des Gebäudeteiles zuzüglich des dazugehörenden Grund und Bodens abzustellen. 3Bei der Prüfung, ob der Wert eines Grundstücksteiles mehr als ein Fünftel des Werts des ganzen Grundstücks beträgt, ist in der Regel das Verhält-

    nis der Nutzflächen zueinander zugrunde zu legen. 4Ein Grundstücksteil ist mehr als 20.500 Euro wert, wenn der Teil des ge- meinen Werts des ganzen Grundstücks, der nach dem Verhältnis der Nutzflächen zueinander auf den Grundstücksteil entfällt,

    20.500 Euro übersteigt. 5Führt der Ansatz der Nutzflächen zu einem unangemessenen Wertverhältnis der beiden Grundstücks- teile, ist bei ihrer Wertermittlung anstelle der Nutzflächen der Rauminhalt oder ein anderer im Einzelfall zu einem angemesse-

    nen Ergebnis führender Maßstab zugrunde zu legen. 6Sind >Zubehörräume (Nebenräume) vorhanden, kann der Stpfl. die Auf- teilung auch nach dem Verhältnis der Haupträume vornehmen. 7Beträgt der Wert eines eigenbetrieblich genutzten Grund- stücksteiles nicht mehr als ein Fünftel des gesamten Grundstückswerts und nicht mehr als 20.500 Euro, besteht ein Wahlrecht,

    den Grundstücksteil weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln oder zum Teilwert zu entnehmen. 8Zur Berücksichtigung von Betriebsausgaben, wenn der Grundstücksteil zu Recht nicht als Betriebsvermögen behandelt wird >R 4.7 Abs. 2 Satz 4.


    Grundstücke und Grundstücksteile als gewillkürtes Betriebsvermögen


  9. 1Grundstücke oder Grundstücksteile, die nicht eigenbetrieblich genutzt werden und weder eigenen Wohnzwecken dienen, noch Dritten zu Wohnzwecken unentgeltlich überlassen sind, sondern z. B. zu Wohnzwecken oder zur gewerblichen Nutzung an Dritte vermietet sind, können als gewillkürtes Betriebsvermögen behandelt werden, wenn die Grundstücke oder die Grund- stücksteile in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet

    sind. 2Wegen dieser Voraussetzungen bestehen für den Ansatz von Wirtschaftsgütern als gewillkürtes Betriebsvermögen Ein- schränkungen, die sich nicht nur aus den Besonderheiten des einzelnen Betriebs, sondern auch aus der jeweiligen Einkunftsart

    ergeben können. 3Daher können Land- und Forstwirte Mietwohn- und Geschäftshäuser, die sie auf zugekauftem, bisher nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Grund und Boden errichtet oder einschließlich Grund und Boden erworben haben, regel-

    mäßig nicht als Betriebsvermögen behandeln. 4Dagegen kann ein Land- und Forstwirt, der sein bisher land- und forstwirt- schaftlich genutztes Grundstück bebaut und das Gebäude an Betriebsfremde vermietet, dieses als gewillkürtes Betriebsvermö- gen behandeln, wenn dadurch das Gesamtbild der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit nicht wesentlich verändert wird.

    5In Grenzfällen hat der Stpfl. darzutun, welche Beziehung das Grundstück oder der Grundstücksteil zu seinem Betrieb hat und welche >vernünftigen wirtschaftlichen Überlegungen ihn veranlasst haben, das Grundstück oder den Grundstücksteil als ge-

    willkürtes Betriebsvermögen zu behandeln. 6Wird ein Gebäude oder ein Gebäudeteil als gewillkürtes Betriebsvermögen behan- delt, gehört auch der dazugehörende Grund und Boden zum Betriebsvermögen.


    Einheitliche Behandlung des Grundstücks


  10. 1Auch wenn ein Grundstück zu mehr als der Hälfte die Voraussetzungen für die Behandlung als Betriebsvermögen (>Ab- sätze 7 und 9) erfüllt, können weitere Grundstücksteile, bei denen die Voraussetzungen des Absatzes 9 nicht vorliegen, nicht als Betriebsvermögen behandelt werden; Ausnahmen gelten für Baudenkmale bei den Einkünften aus Land- und Forstwirt-

    schaft (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 4 EStG). 2Soweit das Grundstück bzw. Gebäude vor dem 1.1.1999 angeschafft, hergestellt oder eingelegt worden ist, gelten die Anweisungen in R 13 Abs. 10 Sätze 1, 3 und 4 EStR 1999 weiter.


    Grundstücke und Grundstücksteile im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft


  11. 1Gehört ein Grundstück zum Gesamthandsvermögen der Mitunternehmer einer Personengesellschaft, gehört es grundsätz- lich zum notwendigen Betriebsvermögen. 2Dies gilt auch dann, wenn bei der Einbringung des Grundstücks oder Grundstücks- teiles in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft vereinbart worden ist, dass Gewinne und Verluste aus dem Grundstück

    oder Grundstücksteil ausschließlich dem einbringenden Gesellschafter zugerechnet werden. 3Dient ein im Gesamthandseigen- tum der Gesellschafter einer Personengesellschaft stehendes Grundstück teilweise der privaten Lebensführung eines, mehrerer oder aller Mitunternehmer der Gesellschaft, braucht der andere Grundstücksteil nicht als Betriebsvermögen behandelt zu wer- den, wenn für diesen Grundstücksteil die Grenzen des § 8 EStDV nicht überschritten sind; Absatz 8 Satz 2 ff. ist entsprechend anzuwenden.


    Grundstücke und Grundstücksteile im Sonderbetriebsvermögen


  12. 1Grundstücke oder Grundstücksteile, die nicht Gesamthandsvermögen der Mitunternehmer der Personengesellschaft sind, sondern einem, mehreren oder allen Mitunternehmern gehören, aber dem Betrieb der Personengesellschaft ausschließlich und

    unmittelbar dienen, sind als Sonderbetriebsvermögen notwendiges Betriebsvermögen der Personengesellschaft. 2Dient ein Grundstück dem Betrieb der Personengesellschaft nur zum Teil, sind die den Mitunternehmern zuzurechnenden Grundstücks-

    teile lediglich mit ihrem betrieblich genutzten Teil notwendiges Sonderbetriebsvermögen. 3Betrieblich genutzte Grundstücks- teile, die im Verhältnis zum Wert des ganzen Grundstücks - nicht im Verhältnis zum Wert des Grundstücksteiles des Gesell- schafters - von untergeordnetem Wert sind (>§ 8 EStDV), brauchen nicht als Sonderbetriebsvermögen behandelt zu werden.

    4Jeder Mitunternehmer kann dieses Wahlrecht ausüben; sind mehrere Gesellschafter zugleich Eigentümer dieses Grundstücks, braucht das Wahlrecht nicht einheitlich ausgeübt zu werden. 5Absatz 8 Satz 2 ff. ist entsprechend anzuwenden.


    Keine Bindung an die Einheitsbewertung oder Bedarfsbewertung


  13. Für die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Grundstücken und Grundstücksteilen als Betriebsvermögen kommt es nicht darauf an, wie ein Grundstück bei der Einheitsbewertung oder Bedarfsbewertung behandelt worden ist.


    Erweiterte Anwendung


  14. Die Absätze 7 bis 13 gelten entsprechend für das Wohnungseigentum und das Teileigentum i. S. d. WEG sowie für auf Grund eines Erbbaurechts errichtete Gebäude.


    Verbindlichkeiten


  15. 1Mit der Entnahme eines fremdfinanzierten Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens wird die zur Finanzierung des Wirt- schaftsgutes aufgenommene betriebliche Schuld zu einer privaten Schuld. 2Umgekehrt wird mit der Einlage eines fremdfinan- zierten Wirtschaftsgutes die zur Finanzierung des Wirtschaftsgutes aufgenommene private Schuld zu einer betrieblichen

    Schuld. 3Wird ein betrieblich genutztes, fremdfinanziertes Wirtschaftsgut veräußert, oder scheidet es aus der Vermögenssphäre des Stpfl. aus, wird die zur Finanzierung des Wirtschaftsgutes aufgenommene Schuld eine privat veranlasste Schuld, soweit der Veräußerungserlös oder eine andere für das Ausscheiden des Wirtschaftsgutes erhaltene Leistung entnommen wird.


    Betriebsvermögen bei Schätzung des Gewinns oder bei Gewinnermittlung nach § 13a Abs. 3 bis 6 EStG


  16. Wird der Gewinn geschätzt (>R 4.1 Abs. 2) oder nach § 13a Abs. 3 bis 6 EStG ermittelt, kommt gewillkürtes Betriebsver- mögen nur in den Fällen des § 13a Abs. 6 Satz 2 EStG, des Wechsels der Gewinnermittlungsart und der Nutzungsänderung in Betracht (>§ 4 Abs. 1 Satz 6 und 7 EStG).